und warum die Klimakonferenz in Brasilien mehr als Symbolik braucht.

Seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 galt der Weg klar: Die Weltgemeinschaft wollte die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen, idealerweise auf 1,5 Grad. Zehn Jahre später ist klar, dass die Realität diese Hoffnung längst überholt hat. Der globale Temperaturanstieg liegt heute bereits bei rund 1,3 Grad. Und während die Politik noch über Emissionsbudgets, CO₂-Bilanzen und Kompensationen debattiert, erleben Millionen Menschen, was Klimakrise in der Praxis bedeutet – vor allem dort, wo das Wasser verschwindet.

Die diesjährige Weltklimakonferenz in Belém, Brasilien, steht genau dafür. Sie findet mitten in der Amazonasregion statt, wo Dürre, Waldbrände und sinkende Wasserstände sichtbar machen, dass das Klima kein abstraktes Thema mehr ist. Brasilien, einst das Land der unerschöpflichen Wasserreserven, kämpft heute mit einer nie dagewesenen Wasserknappheit. In einigen Regionen fallen Flüsse auf historische Tiefstände, die Energieproduktion aus Wasserkraft bricht ein, und selbst die Trinkwasserversorgung gerät unter Druck. Diese Entwicklung zeigt exemplarisch, was weltweit geschieht: Wasser wird zum geopolitischen Risiko, zur sozialen Herausforderung und zur ökologischen Grenze.

Seit Paris wurde vieles beschlossen, aber nur wenig davon umgesetzt. Die globalen Emissionen sind weiter gestiegen, die Entwaldung schreitet voran, und die Dürreperioden werden länger. Zwar haben sich in einzelnen Ländern Investitionen in erneuerbare Energien vervielfacht, und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist vielerorts eingeleitet. Doch die Anpassung an Wasserstress, Bodendegradation und Wüstenbildung blieb im Schatten der grossen Klimaziele. Dabei sind genau diese Themen inzwischen entscheidend, um überhaupt überleben zu können in einer Welt, die sich rascher verändert, als unsere Systeme reagieren können.

Wasserknappheit steht deshalb erstmals im Mittelpunkt der diesjährigen Verhandlungen. Nach Angaben des UN-Weltwasserberichts betrifft sie bereits mehr als 40 Prozent der Menschheit – Tendenz steigend. In Belém soll nun eine neue „Water Action Agenda“ vorgestellt werden, die konkrete Massnahmen zur globalen Wassersicherung vorsieht. Dazu zählen verbesserte Speicherung und Wiederverwendung, naturbasierte Lösungen wie Feuchtgebietsrenaturierung und Aufforstung, aber auch digitale Frühwarnsysteme für Dürre und Überschwemmungen. Parallel dazu diskutieren Delegierte aus über 190 Ländern, wie Wasser stärker in nationale Klimapläne integriert werden kann. Denn bisher wurde es in den meisten Strategien kaum berücksichtigt, obwohl fast jede Anpassungsmassnahme davon abhängt – von Landwirtschaft über Energie bis hin zu Gesundheit.

Doch während die Pläne ambitioniert klingen, bleibt die Frage nach der Umsetzung offen. Wer finanziert die Anpassung in Regionen, die schon heute unter extremer Trockenheit leiden? Wer sichert Wasserrechte, wenn Flüsse versiegen oder ganze Landstriche unbewohnbar werden? Und wer kontrolliert, dass aus Versprechen tatsächliche Veränderungen entstehen? Brasilien selbst steht sinnbildlich für dieses Spannungsfeld: Das Land will auf der Konferenz als Gastgeber glaubwürdig vermitteln, dass Wirtschaftswachstum, Waldschutz und Wassersicherheit vereinbar sind. Doch noch immer werden in Teilen Amazoniens Waldflächen gerodet, Böden zerstört und Flusssysteme durch Bergbau verschmutzt.

Der Amazonas gilt als „Lunge der Erde“, aber ebenso als Herz des globalen Wasserkreislaufs. Wenn dieses System kippt, sind auch entfernte Regionen betroffen – bis nach Europa. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Zerstörung des Regenwaldes nicht nur CO₂ freisetzt, sondern auch Niederschlagsmuster verändert, die Landwirtschaft und Wasserversorgung auf anderen Kontinenten beeinflussen. Das bedeutet: Wasserknappheit ist kein lokales, sondern ein globales Phänomen. Und sie lässt sich nur gemeinsam bewältigen – durch technologische Innovation, politische Kooperation und eine neue Wertschätzung für natürliche Ressourcen.

Die Konferenz in Brasilien könnte zu einem Wendepunkt werden, wenn sie den Mut findet, Wasser als Querschnittsthema zu behandeln und nicht länger als Nebenfrage. Denn die Klimakrise ist längst auch eine Wasserkrise – und wer Wasser schützt, schützt das Klima. Klimates wird die Entwicklungen der COP30 aufmerksam verfolgen und ist gespannt auf die Vorschläge, die in Belém auf den Tisch kommen.

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